Erste Deutsch-Polnische Gesellschaft im Kreis Gütersloh

Neue Westfälische am 20.01.2017, Beitrag von Ludger Osterkamp.

Die Stadt erhofft sich von der Vereinsgründung einen Impuls

Kreis Gütersloh. Fragt man nach der größten Ausländergruppe im Kreis Gütersloh, fällt die Antwort meistens falsch aus. Es sind nicht die Türken, auch nicht die Italiener oder Griechen, es sind die Polen. "Viele wissen das gar nicht", sagt Lucyna Minkus. Die gebürtige Polin, in Breslau (Wroclaw) aufgewachsen, findet diese Ahnungslosigkeit auch gar nicht schlimm, im Gegenteil: Sie versteht sie eher als Beleg für eine gelungene Integration. Dennoch glaubt sie, dass man das Verständnis füreinander noch vertiefen kann.

Zusammen mit anderen plant Minkus die Gründung einer Deutsch-Polnischen Gesellschaft. Für Dienstag nächster Woche haben sie zur Gründungsversammlung des Vereins eingeladen. Unterstützt werden sie von Thorsten Klute, dem Staatssekretär für Integration im Arbeits- und Sozialministerium NRW. Klute, aus Versmold stammend, ist mit einer Polin verheiratet und gehört dem Kuratorium des Bundesverbandes der Deutsch-Polnischen Gesellschaft (DPG) an.

"Wir sind schon jetzt ziemlich viele"

Mit dem neuen Verein wollen die Initiatoren den deutsch-polnischen Dialog fördern. Ideen, wie das gelingen könnte, habe sie viele: Kulturelle Veranstaltungen sind geplant, Lesungen, Ausstellungen, geschichtliche Vorträge, dazu Sprachkurse in Deutsch und Polnisch, gemeinsame Feiern, gemeinsame kulinarische Entdeckungen oder auch Reisen. "Das Programm wird sich im Laufe der Zeit schon entwickeln", sagt Minkus. Neben ihr, der Juristin und Caritas-Beschäftigten, zählen Adam Szymanski und Zofia Zok zu den treibenden Kräften, der eine der ehemalige Pastor der katholischen Kirchengemeinde Heilig Geist, die andere Künstlerin und VHS-Dozentin.

Dass sich der Verein etabliert und reges Leben entwickelt, daran hat Lucyna Minkus keine Zweifel. "Wir sind schon jetzt ziemlich viele." Jeden Mittwoch trifft sich eine große Gruppe in der Pizzeria "La Taverna", die von einem Italiener und einer Polin geführt wird. Der Verein sei nicht nur offen für Polen, sondern auch für Deutsche, Polnischstämmige, Deutschstämmige. "Wir wollen den Dialog auch innerhalb des Vereins führen", sagt Minkus. "Obwohl Polen seit 2004 in der EU ist, obwohl Firmen Geschäftsbeziehungen untereinander pflegen und polnische Arbeitnehmer beschäftigen, und obwohl deutsch-polnische Ehen geschlossen werden, ist Polen für viele Menschen immer noch ein unbekanntes Land. Dagegen wollen wir etwas tun." Der Verein sei eine Plattform für den Austausch. "Ich kann mir vorstellen, dass das eine Bereicherung für die Stadt ist." Politisch wolle der Verein nicht tätig werden, sagt Minkus, und sie hoffe, dass die derzeit nationalistischen Tendenzen in ihrem Heimatland nur vorübergehender Natur seien.

Die Stadt unterstützt die Pläne. "Wir begrüßen die Gründung einer Deutsch-Polnischen Gesellschaft in Gütersloh, weil sie das Nachbarland Polen mit seinen Menschen, seiner Geschichte und seiner Kultur näherbringen möchte. Insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Situation Europas kann ein gemeinsamer Dialog helfen, aufzuklären, die Situation im jeweils anderen Land zu beurteilen, die Kultur und den Alltag der jeweils anderen noch besser kennenzulernen und das Verständnis füreinander zu fördern", schreiben der städtische Integrationsbeauftragte Frank Mertens und Stadtsprecherin Susanne Zimmermann in einer Stellungnahme.

Die seit 1989 bestehende Städtepartnerschaft mit Graudenz ist laut Mertens und Zimmermann ein Beleg dafür. "Unter anderem pflegen das ESG, die Geschwister-Scholl-Realschule und das Städtische Gymnasium teilweise seit über 20 Jahren Kontakte nach Grudziadz." Seit 2014 seien Schulen und Institutionen dort aktiver Partner bei der europäischen Praktikumsbörse, bei der Schüler jeweils Praktika in den Partnerstädten machen. Auch der Seniorenbeirat habe wieder neue Kontakte geknüpft. Eine deutsch-polnische Gesellschaft könne hier noch einmal Multiplikator für die Städtepartnerschaft sein. Ende 2016 waren laut Frank Mertens 1.894 polnische Staatsangehörige in Gütersloh gemeldet. Darüber hinaus gebe es viele Menschen polnischer Herkunft, die bereits die deutsche Staatsbürgerschaft erworben haben.