Kammermusik Salon Gütersloh

Kammermusik Salon Gütersloh
Kammermusik Salon Gütersloh

In ihrer historischen Aula möchte die Volkshochschule Gütersloh eine alte Tradition mit neuem Leben füllen: In der Manier literarischer, musikalischer oder künstlerischer Salons, wie sie das 18. und 19. Jahrhundert kannten, laden die Veranstalter Freundinnen und Freunde der Karnrnermusik ein, sich in persönlicher Atmosphäre und historischem Ambiente an musikalischen Talenten zu erfreuen und Kammermusik in künstlerischer Meisterschaft zu erleben.

Ermöglicht wird diese viermal jährlich stattfindende Konzertreihe durch die Kooperation mit der renommierten und prominenten Hochschule für Musik Detmold, die mit ihren 225 Lehrenden und 760 Studierenden aus über 50 Nationen als ein herausragender Talent-Campus gilt sowie für musikalische, pädagogische und auch wissenschaftliche Exzellenz steht. So wird es sicherlich allen Besucherinnen und Besuchern des Kammermusik Salons Gütersloh zur Freude und einem genussvollen Erlebnis gereichen, dass Herr Professor Piotr Oczkowski als langjähriger Leiter des Jungstudierenden- Institutes der Detmolder Hochschule und als international tätiger und anerkannter Konzertpianist an dieser Veranstaltungsreihe intensiv mitwirkt.

Einen ganz besonderen Akzent setzt als das Herzstück der historischen VHS-Aula der 1957 im Hamburger Steinway-Werk gefertigte Salonflügel. Dank der großzügigen Überlassung seitens der Osthushenrich-Stiftung aus dem Privatbesitz der Stifterin, Frau Margot Gehring, kann dieser Wertvolle Flügel nun öffentlich zu Gehör gebracht werden.

Seien Sie herzlich von der Volkshochschule Gütersloh und der Hochschule für Musik Detmold in den Kammermusik Salon Gütersloh eingeladen! Wir freuen uns auf Sie.

 

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Sonntag, 24. September 2017
Programm „Eröffnungskonzert“
Die drei großen „B“s der deutschen Musik:

Johann Sebastian Bach (1685-1750): Präludium und Fuge cis-Moll BWV 849, Präludium und Fuge D-Dur BWV BT4
Ludwig van Beethoven (1770-1827): Sonate en F-Dur op. 54 In tempo d 'un menuetto Allegretto
Johannes Brahms (1833-1897) Drei Intermezzi op. 117 Andante moderato Andante non troppo e con molto espressione Andante con moto

PAUSE
Die zwei bedeutendsten Komponisten aus Polen:
Frédéric Chopin (1810-1849) Polonaise-Fantasie op. 61
Karol Szymanowski (1882-193?) Drei Mazurken aus op. 50 Nr. l Nr.8 Nr.16 
Frederic Chopin Mazurka op. 59, Nr. 2
Karol Szymanowski Fantasie op. 14


Piotr Oczkowski, Klavier

Eröffnungskonzert
Bedeutende Komponisten Deutschlands und Polens
Das Eröffnungskonzert dieser neuen Kammermusik-Reihe widmet sich der Gegenüberstellung großer deutscher und polnischer Komponisten.


lm ersten Teil des Konzertes werden Kompositionen der drei großen „B“s der deutschen Musik vorgetragen. Der Pianist und Komponist Hans von Bülow schrieb: “Ich glaube an Bach, den Vater, Beethoven, den Sohn, und Brahms, den Heiligen Geist der Musik.“ Diese Komponisten bilden eine Art Grundgerüst der deutschen Musikgeschichte. Ihre Lebensdaten überschneiden sich nicht, sie konnten sich nie begegnen, und doch wurden die jeweils Jüngeren in großem Maße von den Älteren beeinflusst. Für viele war Johann Sebastian Bach der größte Komponist aller Zeiten. Ob die Matthäus-Passion, die Brandenburgischen Konzerte oder das Wohltemperierte Klavier: Bachs Werke inspirieren Musiker und Komponisten bis heute. Ludwig van Beethoven gilt als der zornige Titan der klassischen Musikepoche. Bonns größter Sohn schrieb jedoch nicht nur die schicksalsschwere Fünfte Sinfonie, sondern auch das anrührende Klavierstück „Für Elise“. Seine Melodie „An die Freude“ dient seit 1972 als Europa-Hymne. Johannes Brahms galt als Perfektionist und übermäßig selbstkrítisch. Zeitlebens Junggeselle, wollte er Musik von dauerhaftem Wert komponieren und verachtete die Trends des Tages.

Zwei Präludien und Fugen aus dem Wohltemperierten Klavier (dem „Alten Testament“ für alle Pianisten) eröffnen das Programm. Präsentiert werden das Präludium und die Fuge in cis-Moll aus dem ersten Band mit seiner fünfstimmigen Tripelfuge und in D-Dur aus dem zweiten Band mit einem herrlichen polyrhythmischen Präludium und einer der kompaktesten vierstimmigen Fugen im gesamten Schaffen Bachs.

Aus Beethovens 32 Klaviersonaten (oder dem sogenannten pianistischen „Neuen Testament“) steht eine wunderschöne und dennoch wenig bekannte zweisätzige Sonate in F-Dur op. 54 auf dem Programm, - ein Werk mit Ausnahme-Stellung im Schaffen Beethovens, da der erste Satz nicht in dertraditionellen Hauptsatzform komponiert ist, sondern ganz eigene kompositorische Wege zu gehen scheint. Die Sonate wird von zwei größeren und bekannteren Sonaten flankiert: C-Dur op. 53 „Waldstein“ und f-Moll op. 57 „Appassionata“. Vielleicht mag dieser Umstand an dem relativen Schattendasein des Werkes schuld sein.

Drei Intermezzi op. 11? von Johannes Brahms schließen den ersten Teil des Abends ab. „Die Wiegenlieder meiner Schmerzen“ nannte der Komponist diese düsteren und melancholischen späten Werke. Die Intermezzi Opus 117, die er im Sommer 1892 in Bad Ischl schrieb, gelten als Inbegriff seines späten Klauierstils in ihrer Verknappung auf lakonische Gesten, in ihrer fast impressionistischen Klangaura und ihrem melancholischen Duktus. Sie zeugen von der Vereinsamung des alternden Komponisten, der hier noch einmal- wie in seiner Jugend - auf Gedichte aus Herders “Stimmen der Völker” zurückgriff. “Wiegenlied einer unglücklichen Mutter” heißt das von Herder übersetzte schottische Volkslied, dessen Zeilen Brahms dem ersten Stück als Motto beigesellte: “Schlaf sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön, mich dauert's sehr, dich weinen sehn." Was sich dahinter verbirgt, ist die tragische Geschichte der Anne Bothwell, der Tochter des Bischofs von Ürkney, die sich in ihren eigenen Cousin Verliebte und nun an der Seite ihres Kindes die Untreue der Männer besingt - bei Brahms ein Wiegenlied von wehmütigem Abschiedsschmerz.

lm zweiten Teil werden Werke von Frederic Chopin und Karol Szymarıowski gegenübergestellt. Die Bedeutung Chopins für die Musikwelt ist unbestritten. Er gilt als der größte Komponist Polens und einer der wichtigsten Vertreter der Romantik. Dagegen hat der rund siebzig Jahre später geborene Szymanowski sehr lange darauf warten müssen bis seine Werke international bekannter wurden und bis man ihm den gebührenden Platz als bedeutender Komponist Polens zuteilte. Hier scheint Polen selbst das Problem gewesen zu sein. Lange hatte man im katholischen Land ein großes Problem mit Szymanowskis Homosexualität, obwohl Szymanowski der Vater der polnischen Moderne ist! Seit circa zwei Dekaden erlebtjedoch die Musik Szymanowskis eine Renaissance. Seine Werke werden immer häufiger aufgeführt und von namhaften Künstlern auch aufgenommen.

Szyrnanowskis Schaffen unterteilt sich in drei Perioden. Die erste wird durch die romantischen Einflüsse von Wagner, Reger und Skrjabin geprägt (z. B. seine Preludes op. 1 und die Fantasie op. 14). Die zweite wird von der impressionistischen, gar atonalen Musik Debussys, Ravels und Strawinskis inspiriert. Und die dritte wird von der polnischen Volksmusik - hier Vor allem durch die Musik der Hohen Tatra und der Görale - beeinflusst; die zwanzig Mazurken op. 50 sind das anschaulichste Beispiel.

Aus der Gegenüberstellung von Werken derselben Gattung wird dem Zuhörer auch der Einfluss der Musik Chopins im Schaffen von Szymanowski deutlich. Vor allem bei der Fantasie op. 14 ist der Charakter des gleichnamigen Stückes Chopins erkennbar. Es lassen sich aber auch wunderbare Parallelen zu der Polonaise-Fantaisie op. 61 ausmachen. Eine noch verblüffendere Erkenntnis ist bei den Mazurken festzustellen. Chopin lässt seiner Seele freien Lauf bei diesen Werken, die er nicht für den Konzertsaal sondern in erster Linie für sich selbst schrieb. Er komponiert sie in einer sehr intimen Art und Weise und sie sind Voller Nostalgie und Erinnerung an die verlorene Heimat Polen, die er nach seiner Auslandsreise 1831 bis zu seinem Tod 1849 nie mehr wieder betreten konnte. Dagegen strahlen Szymanowskis Mazurken eine ungeheure Vitalität aus und sie sind nicht auf Feinheiten ausgelegt wie die Chopinischen Werke, sondern auf die teilweise derbe Volkstümlichkeit der Musik der Görale aus Zakopane in der Hohen Tatra. Szymanowski lebte hier einige Jahre und entwickelte eine eigene musikalische Sprache, basierend auf die Volksmusik dieser Region. Die Entwicklung der Mazurka von der „verklärten romantischen“ Welt Chopins zur urtümlichen polnischen Musik wird in diesem Vergleich verdeutlicht.